Veranstaltung: | LDV in Idar-Oberstein |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Wahlversammlung zur Aufstellung der Landesliste zur Bundestagswahl 2017 |
Antragsteller*in: | Corinna Rüffer (KV Trier) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 17.11.2016, 10:28 |
BTW-10: Corinna Rüffer (KV Trier)
Position oder Listenplatz
Bewerbung für die Landesliste zur Bundestagswahl 2017 (Listenplatz 3)
Selbstvorstellung
Liebe Freundinnen und Freunden,
hätte ich noch gezögert, heute wäre der letzte Zweifel ausgeräumt: Ich bewerbe mich bei euch zum zweiten Mal um Platz 3 auf der Landesliste zur Bundestagswahl. Diese Sätze schreibe ich am 9.11.2016, einem Tag der mit einiger Wahrscheinlichkeit in die Geschichte eingehen wird: Donald Trump, der Prototyp eines paranoiden Menschenverächters, wurde zum nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Nicht zu fassen! Besteht die Mehrheit der US-amerikanischen Bevölkerung aus Idioten, Rassisten und üblen Machos? Das wäre ein anmaßendes Urteil und es wäre ein falsches. „Es gibt nun zwei Möglichkeiten, auf diese Situation zu reagieren: Entweder fängt man damit an, der amerikanischen Bevölkerung wegen dieses Wahlergebnisses Vorwürfe zu machen. Oder man attackiert die Eliten des Landes. (…) Natürlich spielt Sexismus und Rassismus eine entscheidende Rolle beim Aufstieg Trumps. Aber darauf mit simpler moralischer Denunziation zu reagieren, hat nichts mit Politik zu tun. Es ist das Gegenteil von Politik.“ (woz.ch Nr. 45/2016, 10.11.2016). Ich teile diese Analyse. Es wird nicht reichen, den Kampf gegen Rechts auf der kulturellen Ebene zu führen. Die Menschen in den USA erleben seit Jahrzehnten, dass die Mittelklasse schrumpft, während sich eine riesige Kluft zwischen den Superreichen und allen anderen auftut.
Auch weltweit spitzt sich die Situation zu: Mittlerweile besitzen die reichsten 62 Personen auf unserem Globus so viel wie die 3,5 Milliarden ärmsten Menschen, die Hälfte der Weltbevölkerung also. Diese Art von Reichtum ist obszön. Und sie ist gefährlich. Ganz offensichtlich machen die globalen Probleme auch nicht vor den Toren Europas halt. Die Folgen der Bankenkrise und einer von der deutschen Bundesregierung kompromisslos vorangetriebenen Austeritätspolitik, die die Probleme in Teilen Europas verschlimmert hat, sind bis heute zu spüren: So ist das öffentliche Gesundheitssystem in Griechenland praktisch zusammengebrochen, Kinderarmut und Jugendarbeitslosigkeit sind dort in schwindelerregende Höhen angestiegen. Einige der weltweit um die 60 Millionen Fliehenden versuchen, Europa zu erreichen. Tausende verlieren ihr Leben dabei, vor allem im Mittelmeer. Anstatt sichere Zugangswege zu schaffen und für eine gerechte Verteilung unter den EU-Mitgliedsstaaten zu sorgen, werden vor allem Italien und Griechenland allein gelassen. Kurz bevor Italien die europäische Ratspräsidentschaft übernahm und das sehr wirkungsvolle italienische Seenotrettungsprogramm „Mare Nostrum“ auslief, reiste ich mit einer Delegation des Petitionsausschusses nach Rom und Sizilien. „Mare Nostrum“ wurde ins Leben gerufen, nachdem im Oktober 2013 bei zwei aufeinanderfolgenden Unglücken Hunderte von Menschen ertranken, kurz bevor sie die italienische Küste erreichten. Erinnert ihr euch? Papst Franziskus sprach damals von „Schande“. Sein Aufschrei wirkte. Für eine gewisse Zeit wurde das massenhafte Sterben im Mittelmeer gestoppt. Die italienische Regierung investierte monatlich ca. 10 Millionen Euro. Ihr Bitten und Betteln um finanzielle Beteiligung hat die Europäische Union nicht erhört. Die deutsche Bundesregierung stellte sich quer. Innenminister Lothar De Maiziere sprach davon, dass man keine Anreize zur Flucht über das Mittelmeer schaffen solle. Habt ihr das Bild des kleinen Ailan Kurdi im Kopf? So viel Zynismus ist kaum auszuhalten. Auf Befindlichkeiten nimmt die politische Entwicklung der letzten Jahre aber keine Rücksicht.
Griechenlandkrise, Flucht und Vertreibung, das vielfache Versagen der öffentlichen Hand bei der Aufnahme von Geflüchteten, das – und das ist der positive Teil – auf so beeindruckende Weise von der Zivilgesellschaft aufgefangen wurde, und ein bedrückender Rechtsruck prägen das Bild der letzten Jahre. Die Wahl Donald Trumps ist da nur der jüngste Höhepunkt. Bündnis 90/Die Grünen stehen jetzt in der Verantwortung wie noch nie zuvor. Wir sind gefordert, Orientierung zu bieten und Antworten zu geben. Mein Team und ich haben in den letzten Jahren viele Veranstaltungen organisiert. Von Politikverdrossenheit haben wir nichts gespürt. Im Gegenteil, es gibt ein riesiges Bedürfnis nach einer Auseinandersetzung mit grundsätzlichen Fragen. Niemand möchte politische Fensterreden hören. Frontale Belehrungen sind nicht en vogue. Großes Interesse besteht hingegen an Formaten, die Raum zum Netzwerken und Austausch lassen. So können wir Grünen am Puls der Zeit sein und der Verdrossenheit gegenüber etablierter Politik etwas entgegensetzen.
Genau aus diesem Grund arbeite ich intensiv daran, das Petitionswesen zu einem echten Instrument der Bürger*innenbeteiligung weiterzuentwickeln. Es sollte Interessierten ermöglicht werden, gemeinsame Anliegen zu formulieren und Gesetzesvorschläge zu erarbeiten. Bei entsprechender Unterstützung sollten diese das übliche parlamentarische Verfahren durchlaufen und schließlich im Plenum des Deutschen Bundestags debattiert werden. Gerade in Zeiten großer gesellschaftlicher Verunsicherung, in Zeiten großer Herausforderungen ist das demokratiefördernde Potenzial von Petitionen wirklich nicht zu unterschätzen. Insofern sollten wir daran arbeiten, dieses Instrument zu stärken und es nicht weiter zu schwächen. Das Parlament erfährt nämlich ausnahmsweise einmal direkt und ungefiltert, wo den Menschen der Schuh drückt. Und er drückt an vielen Stellen.
Die Leitidee grüner Sozialpolitik ist die inklusive Gesellschaft. Es geht uns darum, niemanden zurückzulassen und die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass jeder Mensch mit seinen individuellen Voraussetzungen teilhaben kann. Wertschätzung und Anerkennung von Unterschiedlichkeit sind dafür die Grundbedingungen. Seit Beginn dieses Jahres, als bekannt wurde, wie sich die Bundesregierung das lang angekündigte Bundesteilhabegesetz (BTHG) vorstellt, protestieren Menschen mit und ohne Behinderungen wie seit vielen Jahren nicht mehr. Sie ketten sich am Reichstagsufer an, besetzen immer wieder das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, sperren sich am Berliner Hauptbahnhof symbolisch in einen Käfig und springen in die Spree. In zahlreichen Städten des Landes versammeln sich Tausende zu Demonstrationen. Die erfolgreichste ihrer zahlreichen Petitionen wird von 330.000 Menschen unterstützt. Auch der letzte Abgeordnete weiß mittlerweile wenigstens ungefähr, was sich hinter dem Gesetz verbirgt. Gerade Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf, die zugleich pflegebedürftig sind, solche mit geistiger Beeinträchtigung oder psychischen Erkrankungen müssen mit Verschlechterungen ihrer ohnehin bescheidenen Lebenssituation rechnen. Ich bin dankbar dafür, dass ich den Protest streckenweise unterstützen durfte und versuche weiterhin mit aller Kraft, die Anliegen von Menschen mit Behinderungen und ihrem Umfeld ins Parlament einzubringen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich dabei auf eure Unterstützung zählen kann!
Biografische Daten (Auswahl)
Ich wurde 1975 in Osnabrück geboren und bin dort aufgewachsen. Das Studium der Politikwissenschaft und des Öffentlichen Rechts verschlug mich nach Trier. Dort lebe ich mit Partner, Tochter (5), Mitbewohner, zwei Ponys und einem Kater tief im Wald. Bei den Grünen wurde ich während des Bundestagswahlkampfes 1998 aktiv und engagiere mich seitdem ununterbrochen auf verschiedenen Ebenen. Seit drei Jahren darf ich unseren Landesverband in Berlin vertreten. Ich bin behindertenpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion und Obfrau im Petitionsausschuss.
- Kontakt:
- Bürger*innenbüro in Trier Jüdemerstraße 16 54290 Trier Telefon: 0651/99195290 Mails gern an: crueffer@gmx.de